Clemens Krauss
MAM – Museu de Arte Moderna do Rio de Janeiro, June 17 – August 3



portuguese | english

Clemens Krauss, Aufwand/Display


Mit dem Projekt „Aufwand/Display“ entsteht das bisher umfassendste temporäre Innenraumprojekt von Clemens Krauss. Auf einer Wandfläche mit den Maßen 800 x 3000 cm wird in einem Vorbereitungszeitraum von ca. vier Wochen eine Malerei direkt auf die Wand des Museu de Arte Moderna do Rio de Janeiro angebracht.

Der entscheidende Punkt des Projektes “Aufwand/Display” ist der ephemere Charakter. Die aufwändige Wandmalerei bleibt ausschließlich für die Dauer der Ausstellung bestehen. Umfang, Vielschichtigkeit und Darstellung des Kunstwerks sind durch deren Produktion und Intension erzeugt; alle Inhalte der Kunst treten in einen wechselseitigen Diskurs.

Das Projekt „Aufwand/Display“ ist nicht nur eine umfassende temporäre Rauminstallation, sondern auch eine kritische Analyse seiner komplexen Malerei, bedingt durch dessen Protagonisten, den unterschiedlichen Inhalten und der Arbeit selbst, die sich Tag für Tag weiter entwickelt. Diese Elemente machen gemeinsam wiederum den Inhalt der Arbeit „Aufwand/Display“ aus.

Zunächst besteht eine grundsätzlich asymmetrische Konstellation, wenn ein internationaler Künstler wie Clemens Krauss eine ressourcenaufwendige Arbeit kreiert. Der Künstler wurde vom Museo de Arte Moderna do Rio de Janeiro, eine öffentliche, lateinamerikanische Institution dazu eingeladen diese Arbeit an zu fertigen.

Im Projekt drückt sich mit dem “verschwenderischen”  Benutzen von Material und Möglichkeiten diese metaphorisch asymetrische Konstellation als eine Art soziale Ungerechtigkeit aus.

Gleichzeitig lehnt „Aufwand/Display“ es ab, moralisierende Gesten oder die Affirmation sozialer und politischer Tatsachen zu übernehmen.

Das Projekt hat viel eher die Funktion eine gedankliche Auseinandersetzung mit den Vorraussetzungen zu provozieren und zu einer Art sozialem und politischem Display vom allgemeinen Zeitgeist zu werden.

Anstelle des subjektiven Interesses am Einzelnen tritt beim „Aufwand/Display“ die bloße Körperlichkeit – die Reduktion auf den Körper als Sinnbild für Desintegration. Entsprechend der Größe Brasiliens und dessen demographischer Ungleichverteilung der Bevölkerung übernimmt die malerische Darstellung  nur 2/3 der Wand. 

Die Malerei aus der Serie „Das Körperkörper-Problem“ wird sich im Projekt “Aufwand/Display” explizit mit Körpern und Posen aus dem sozialen Umfeld der Metropolen und gegenwärtigen Phänomenen wie Toleranz und Ignoranz, Fanatismus, Unterdrückung und Gewalt auseinandersetzen. Menschliche Imitation, Bewegungen und Posen im Kontext poltischer, sozialer oder historischer Prozesse charakterisieren Clemens Krauss malerisches, installatives, photographisches und performatives Werk und sind die inspirierenden Schlüsselbegriffe für diese Verkörperung.

Krauss selbst reinszeniert und simuliert typische Posen und Haltungen aus den Tagesmedien. Aus diesem omnipräsenten medialen Bilderpool - wie etwa Bildberichten aus dem Nahen Osten oder Gewalt in der Grossstadt - verarbeitet er Posituren und Attitüden in seinen Werken.

Als Ergebnis finden sich isolierte Körper, die freigestellt auf neutralem Hintergrund neu organisiert werden. Dabei treten die Körper in Formen der Interaktion und vermitteln auf vielschichte Weise etwa Einsamkeit und Masse, Aggression und Defensive, Intimität, Zuneigung, Status und Macht. Die verwendeten Figuren oder “Körper” aus den Medien, die Clemens Krauss ispirieren bleiben dabei anonym, fragmentiert und nur mehr schwer dem ursprünglichen Kontext zuordenbar. Diese fast abstrakten Wesem behalten trotz allem ihre Identiät durch den reliefartigen Charakter, geschaffen durch den Exzesses der Verwendung des Materials.

Die aufwendig produzierte Wandmalerei bleibt lediglich für die Dauer der Ausstellung bestehen und wird durch den folgenden Abbau zwangsläufig zerstört.

Im kommerziellen Kontext verweist dieser  kurzlebige Akt auf die  Situation der künstlerischen Arbeit und des Marktes und die Bedingungen von Verfügbarkeit und Käuflichkeit.

Die ephemere Eigenschaft der Installation macht die Institution  im musealen Kontext zu einem Ort kontroversen Diskurs, da sich Museen heutzutage zunehmend mit der Streichung öffentlicher Mittel arrangieren müssen. Kunstinstitutionen und Museen bestimmen durch die Diskussion künstlerischer Arbeit deren Marktpreis entscheidend mit. Aber ironischer Weise können gerade die Museen die den Wert eines Werkes positiv beeinflussen nicht davon profitieren, weil sie selbst finanziell nicht im Stande sind es für ihre eigene Sammlung zu erwerben. Somit werden sie zunehmend von jenen privaten Sammlern und Sponsoren abhängig, welche den Wert ihrer eigenen Sammlungen durch institutionell präsentierte und diskutierte Künstler und Kunstwerke steigern können.

Die Arbeit „Display“ steht ausschließlich für die Dauer der Ausstellung der Wahrnehmung der Besucher zur Verfügung. Indem sie von Anfang an eine exakt determinierte Lebensdauer hat, wirft sie viele werk- und kontextimmanente Probleme gar nicht erst auf. Sie kommt, bleibt kurz da und löst sich danach wieder in Luft auf.

Nach den Arbeiten “Aufgang” im Haus am Waldsee Berlin 2006, “Untitled” im Heildelberger Kunstverein 2007, “21+4 Bodies” im Stedelijk Museum für aktuelle Kunst Gent wird “Aufwand/Display” im Museu de Arte Moderna do Rio de Janeiro das vierte temporäre Projekt von Clemens Krauss in einer wichtigen Institution sein.

Tereza de Arruda, Kuratorin, Berlin, May 2008


Clemens Krauss CV [pdf]

MAM – Museu de Arte Moderna do Rio de Janeiro
[visit website]
Exhibition period: June 17 - August 3, 2008